
Pferde wiehern zweistimmig und äussern dadurch ihre Emotionen. (Bild: Marie Charouzova / shutterstock.com)
Die vielfältige Tonwelt der Pferde
Pferde sind erstaunlich kommunikative Tiere, auch wenn sie weniger gesprächig erscheinen als Schweine oder Ziegen. Elodie Mandel-Briefer von der ETH Zürich, eine Expertin für stimmliche Kommunikation, erforscht die unterschiedlichen Lautäußerungen der Pferde und deren Bedeutungen. Pferde nutzen ihre Stimme, um wichtige Informationen zu vermitteln, obwohl sie sich eher durch Körpersprache verständigen.
Warum Pferde weniger sprechen
Die Evolution könnte erklären, warum Pferde ihre Stimme weniger zur Kommunikation einsetzen. Als Beutetiere mussten sie sich ruhig verhalten, um Raubtiere nicht anzulocken. Im Gegensatz dazu lebten Schweine in waldreichen Gebieten, wo sie laute Signale nutzen mussten. Pferde hingegen, die in der offenen Steppe lebten, konnten auf Sichtkontakt und Körpersignale setzen.
Das Wiehern als Kommunikationsmittel
Pferde wiehern, um sich über größere Distanzen zu verständigen. Ein lautes Wiehern kann mehrere Kilometer weit hörbar sein und dient der Standortbestimmung, der Warnung vor Gefahren oder dem Zurückrufen zur Herde. Pferde begrüßen einander, kommunizieren zwischen Stute und Fohlen oder weisen einander zurecht. Jedes Pferd hat eine einzigartige Stimme, die durch individuelle Stimmlage, Stärke, Tonlänge und Frequenz charakterisiert ist.
Entschlüsselung der Pferdesprache
Elodie Mandel-Briefer und ihr Team haben entdeckt, dass Pferde durch Wiehern komplexe Informationen übermitteln können. Zwei unabhängige Grundfrequenzen ermöglichen es ihnen, emotionale Zustände auszudrücken. Positive Emotionen zeigen sich in einer tieferen und kürzeren Frequenz, während negative Emotionen eine höhere und längere Frequenz haben.
Emotionale Intelligenz der Pferde
In Studien wurde festgestellt, dass Pferde die Emotionen ihrer vertrauten Artgenossen durch deren Wiehern erkennen und darauf reagieren können. Bei unbekannten Pferden ist dies jedoch nicht der Fall. Ob Pferde sich von den Emotionen anderer anstecken lassen, bleibt unklar.
Weitere Lautäußerungen
Neben dem Wiehern haben Pferde ein breites Repertoire an Geräuschen. Stuten quietschen oft, besonders wenn sie rossig sind. Fohlen, Hengste und Wallache quietschen beim Spielen oder bei Rangeleien. Brummen, Schnauben, Prusten und Schnorcheln haben ebenfalls spezifische Bedeutungen. Zum Beispiel schnorcheln nervöse Pferde bei unbekannten Objekten, während entspanntes Prusten Zufriedenheit signalisiert.
Grunzen und Stöhnen
Grunzen, Stöhnen oder Seufzen können auf Anstrengung oder Schmerz hinweisen, etwa beim Landen nach einem Sprung.
Langjährige Pferdebesitzer lernen durch Erfahrung und Beobachtung, die verschiedenen Lautäußerungen ihrer Tiere zu deuten und können so besser auf deren Bedürfnisse eingehen. Die Forschung von Mandel-Briefer trägt dazu bei, das Verständnis für die komplexe Kommunikationswelt der Pferde zu vertiefen.