
Ein gut gerittenes Pferd erkennt man an einer gleichmässig bemuskelten Oberlinie. (Bild: visuall2 / shutterstock.com)
Über den Rücken reiten
Pferde sind von Natur aus keine Lastenträger. Erst durch gezieltes Training entwickeln sie die Fähigkeit, das Gewicht eines Reiters zu tragen, ohne dabei Schaden zu nehmen. Der Schlüssel dazu liegt im sogenannten „über den Rücken reiten“, ein Prinzip, das für die langfristige Gesundheit und das Wohlbefinden des Pferdes entscheidend ist.
Die Bedeutung des Rückens
Der Rücken eines Pferdes ist das zentrale Bewegungszentrum. Ohne Training würde der Rücken unter dem Gewicht eines Reiters durchhängen, was langfristig zu ernsthaften Wirbelsäulenschäden führen kann. Ein korrekt trainierter Rücken hingegen kann das Reitergewicht gleichmäßig und schonend tragen, wodurch das Pferd gesund und leistungsfähig bleibt.
Anatomie und Funktionsweise
Das Pferdeskelett lässt sich mit einer Hängebrücke vergleichen: Die Vorder- und Hinterbeine fungieren als Pfeiler, während die Wirbelsäule dazwischen gespannt ist. Setzt sich ein Reiter auf einen untrainierten Pferderücken, hängt diese „Brücke“ durch. Dies führt zu Verspannungen und Fehlhaltungen, die die Beweglichkeit des Pferdes beeinträchtigen und langfristig gesundheitliche Probleme verursachen können.
Die Rückenmuskulatur des Pferdes spielt eine zentrale Rolle. Sie besteht aus kräftigen Muskeln, die entlang der Wirbelsäule verlaufen und als Bindeglied zwischen Vorder- und Hinterhand dienen. Diese Muskeln sind jedoch nicht dafür ausgelegt, das Gewicht des Reiters zu tragen. Wenn sie es dennoch müssen, ermüden sie schnell und verspannen sich, was das Gangbild des Pferdes negativ beeinflusst und zu weiteren gesundheitlichen Problemen führen kann.
Das Prinzip der „oberen Verspannung“
Die sogenannte „obere Verspannung“ des Pferderückens ist entscheidend. Diese besteht aus einem starken, sehnigen Nacken-Rückenband, das vom Hinterhauptbein über den Hals zu den Dornfortsätzen des Widerrists und des Rückens verläuft. Senkt das Pferd den Kopf, wie es zum Beispiel in der natürlichen Fresshaltung der Fall ist, spannt sich dieses Band und die Wirbelsäule wölbt sich leicht auf. Dies stabilisiert die „Brückenkonstruktion“ des Rückens und ermöglicht es dem Pferd, sich selbst zu tragen.
Training der Muskulatur
Gezieltes Training der Hals-, Rücken- und Rumpfmuskulatur ist essenziell, um die Tragfähigkeit des Pferdes zu verbessern. Das Pferd lernt, seinen Rücken aufzuwölben und das Reitergewicht abzufedern. Ein effektives Training beinhaltet:
- Dehnübungen: Diese helfen, die Muskulatur zu lockern und die Flexibilität zu erhöhen.
- Vorwärts-Abwärts-Reiten: Das Pferd tritt an die Hand heran und wölbt dabei den Rücken auf.
- Galopparbeit im leichten Sitz: Diese stärkt die Bauchmuskulatur und fördert die Tragfähigkeit.
- Arbeit im Gelände: Besonders das Bergauf- und Bergabreiten kräftigt die Muskulatur optimal.
Vorteile des korrekten Reitens
Ein Pferd, das korrekt über den Rücken geritten wird, zeigt deutliche Anzeichen von Zufriedenheit und Entspannung. Es hat eine gleichmäßige Oberlinie, entwickelt die richtigen Muskeln und reagiert fein auf die Hilfen des Reiters. Der Hals fällt locker aus dem Widerrist, und der Schweif pendelt mit der Bewegung mit. Dieses Pferd ist nicht nur leistungsfähiger, sondern auch ästhetisch ansprechender.
Fazit
Korrektes Reiten ist entscheidend für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit eines Pferdes. Ob als Freizeit- oder Sportpferd – ein gut ausgebildetes Pferd, das gelernt hat, über den Rücken zu gehen, kann seinen Reiter schadlos tragen und bleibt langfristig gesund und glücklich. Wer sich die Zeit nimmt, sein Pferd richtig zu trainieren und auf die Anatomie und Bewegungsabläufe zu achten, wird mit einem zufriedenen und leistungsfähigen Partner belohnt.